Helfen, Spielen, Vertrauen stärken
Alexander Lambrinos absolviert ein FSJ an der Sophie-Scholl-Schule. In der „Erdmännchen-Klasse“ unterstützt er Kinder mit emotionalem und sozialem Förderbedarf
Gießen (-). Wie war das noch mal mit dem großen und kleinen Zeiger? Alexander Lambrinos geht mit einem Schüler „seiner“ Erdmännchen-Klasse das Arbeitsblatt zu den Uhrzeiten in Ruhe durch. Dann ist Unterstützung bei den Matheaufgaben gefragt. Als schließlich eine kurze „Flitzepause“ auf dem Schulhof ansteht, möchte ein Mädchen auf Lambrinos‘ Schultern sitzen. „Von da oben hat man die beste Aussicht“, sagt die Schülerin und hält sich fest. Für den 20 Jahre alten Gießener ist das kein Problem. Seit Schuljahresbeginn absolviert Alexander Lambrinos ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) an der Sophie-Scholl-Schule, der inklusiven Grundschule unter Trägerschaft der Lebenshilfe Gießen. Seine Aufgaben sind vielfältig – genau das gehört für Lambrinos zu den großen Vorteilen seines FSJ.
Nach dem Abitur war da ein großes Fragezeichen. Wie soll es weitergehen? Studium oder Ausbildung? Welche Tätigkeit passt zu mir? „Ich hatte noch keinen genauen Berufswunsch“, erzählt Alexander Lambrinos. Eine Arbeit im sozialen Bereich habe er sich zwar gut vorstellen können, dennoch sei auch der Wunsch da gewesen, zunächst einige Erfahrungen zu sammeln, ohne sich auf einen konkreten Beruf festlegen zu müssen. Ein FSJ als Möglichkeit der Orientierung habe er nach dem Schulabschluss daher recht schnell ins Auge gefasst. Nur der Einsatzbereich sei zunächst noch unklar gewesen. Als Alexander Lambrinos von dem ausgeschriebenen FSJ an der Sophie-Scholl-Schule erfuhr, waren die Weichen gestellt. „Ich war früher selbst hier Schüler, kannte die Räumlichkeiten und die Abläufe und habe mich immer sehr wohl gefühlt“, sagt der 20-Jährige. Überrascht habe ihn dann aber sein Tätigkeitsfeld. „Ich dachte, ich müsste viel mehr kopieren, laminieren oder drucken. Aber den FSJlern wird hier viel zugetraut. Besonders gut gefallen mir auch die familiäre Atmosphäre und der wertschätzende Umgang miteinander.“ Eingesetzt ist Alexander Lambrinos in der „Erdmännchenklasse“ für Schülerinnen und Schüler mit emotionalem und sozialem Förderbedarf. „Hier habe ich Einblick in viele verschiedene Berufe wie Erzieher, Lehrer oder Teilhabeassistent, bekomme aber auch einiges aus der Verwaltung mit. Das ist ein wirklich großes Spektrum.“
Der Schultag beginnt für Alexander Lambrinos bereits bevor die Schülerinnen und Schüler eintreffen. Er hilft den Lehrkräften bei der Raumvorbereitung, füllt Wasser auf, stellt schon mal die Stühle von den Tischen und verteilt Bücher. Nach dem Morgenkreis gehört es zu den Aufgaben des FSJlers, zwei bis drei Kindern direkt beim Lernen zu helfen. Das heißt zum Beispiel Aufgabenblätter noch einmal vorzulesen und zu erklären, beim Schreiben zu unterstützen und generell als Ansprechpartner zur Seite zu stehen. In den Pausen übernimmt Lambrinos gemeinsam mit Lehrkräften und Erzieher*innen die Aufsicht, dazu gehören nicht nur Fußball und Fangen spielen, sondern auch das Schlichten von Streitigkeiten. Beim Mittagessen begleitet er die Kinder beim Essenholen und nachmittags gibt es im erweiterten Lernangebot immer etwas Neues zu entdecken, sei es bei den „Naturdetektiven“, in der Küche oder beim Malen. „Das Spielen mit den Kindern ist am coolsten, das baut Vertrauen auf“, findet Alexander Lambrinos und ergänzt: „Wenn die Schülerinnen und Schüler ihre Erfolge feiern, ist das richtig schön. Sie reißen mit ihrer Freude die ganze Klasse mit.“ Der 20-Jährige wünscht diese positiven Erfahrungen auch anderen Schulabgänger*innen und rät, sich über ein FSJ zu informieren und sich die verschiedenen Einrichtungen der Lebenshilfe anzuschauen. „Ich habe mich für die Lebenshilfe entschieden, weil ich keine Berührungsängste mit behinderten Menschen habe und Inklusion sehr wichtig finde. Das ist in Deutschland ein viel zu kleines Thema“, verdeutlicht er.
Der Unternehmensverbund der Lebenshilfe Gießen (darunter auch die Sophie-Scholl-Schulen) bietet jährlich 60 Plätze für ein FSJin Kooperation mit dem Lebenshilfe Landesverband Hessen an - dabei besteht auch die Möglichkeit eines inklusiven FSJs für Menschen mit Handicap. Das FSJ richtet sich an Menschen zwischen 16 und 26 Jahren, die die Schule beendet und Interesse an einer Tätigkeit im sozialen Bereich haben. Über die Möglichkeiten, einen Freiwilligendienst bei der Lebenshilfe zu absolvieren, die genauen Konditionen und vielen Vorteile, informiert René Seipp von der Personalabteilung des gemeinnützigen Unternehmens im Rahmen einer Online-Info-Veranstaltung am 13. März ab 18 Uhr.
Weitere Informationen zum FSJ im Unternehmensverbund der Lebenshilfe Gießen finden Interessierte hier.